Comics sind heutzutage gefragter denn je. Eine Vielzahl an Filmen und Serien beruhen einzig und allein auf Comicvorlagen. Die Avengers, Batman, The Walking Dead oder Watchmen (um nur eine kleine Auswahl zu nennen) würde es heute nicht geben wenn sich aus Zeichentrickfiguren mit Sprechblasen niemals das Phänomen Comics entwickelt hätte. Dennoch fristen Comics weiterhin ein Spartendasein, weil es die meisten immernoch als Kinderkram oder BANG, BOOM, POW abtun. In der Kategorie „Marne liest Comics“ möchte ich euch zeigen, wie tiefgreifend und relevant Comics sein können. Ich will euch nicht nur die Werke der Hausherren Marvel und DC vorstellen, sondern euch zeigen, dass in Comics viel mehr steckt, als Superhelden und Micky Maus. Obwohl man auch bereits in diesen Bereichen endlose Stunden verbringen kann.
Für den ersten Comic-Beitrag habe ich mir etwas ganz besonderes herausgesucht. Eine abgeschlossene Comicreihe, von dem viele Kenner schwören, dass sie jetzt bereits als Klassiker im Dark Fantasy-Bereich gilt, von der aber außerhalb der Branche noch kaum jemand gehört haben dürfte, weil bisher noch keine Umsetzung für Film oder Fernsehen entstanden ist – die Gründe dafür lest ihr weiter unten. Das folgende Werk bietet sowohl den perfekten Einstieg in die unendlichen Gefilde der Comicuniversen, als auch eine spannende Erfahrung für alle eingefleischten Comicfans. Die Geschichte hat alles, um den Leser in seinen Bann zu ziehen: Eine mitreißende Story, großartige Figuren, originelle Ideen, ein unglaublich faszinierendes Setting und eine Atmosphäre, die einem den Atem raubt. Nun möchte ich euch aber nicht weiter auf die Folter spannen, die Rede ist von Joe Hills modernem Meisterwerk Locke & Key.
Die Macher
Locke & Key erscheint in Deutschland im Paniniverlag und ist Joseph Hillstrom Kings erster Comic. Falls euch der Name bekannt vorkommt, hat das einen guten Grund. Um nicht im Schatten seines bekannten Vaters zu stehen, arbeitet er unter dem Namen Joe Hill. Erst 2006 wurde bekannt, dass Joe Hill der Sohn des Bestsellerautors Stephen King ist. Doch Hill hat es in der Tat nicht nötig sich hinter diesem großen Namen zu verstecken. Bereits seit 1997 hat er sich zunächst mit zahlreichen mehrfach ausgezeichneten Kurzgeschichten selbst einen Namen gemacht. Es folgten bis heute mehrere erfolgreiche Romane, von denen einige bereits für das bewegte Medium umgesetzt wurden. Beispielsweise „Horns“ (im deutschen „Teufelszeug“), der mit Daniel Radcliff verfilmt wurde oder „NOS4A2“ (im deutschen „Christmasland“) mit einer Serienumsetzung aus dem Jahr 2019. Nach seinem Kurzgeschichtenerfolg hat sich Joe Hill 2008 mit dem chilenischen Comiczeichner Gabriel Rodriguez zusammengetan, um sich in neue Bereiche vorzuwagen. Rodriguez arbeitete ursprünglich in Teilzeit als Zeichner. Er entwarf unter anderem die Illustrationen für das Kartenspiel „Myths and Legends“ bis er den Auftrag bekam daraus eine Comicreihe zu entwerfen. 2011 wurde Joe Hill mit dem Eisner Award für den besten Schriftsteller ausgezeichnet, während Rodriguez für seine Zeichnungen aus Locke & Key als bester Zeichner nominiert wurde.
Worum geht’s?
Und das völlig zu Recht. „Überragender Text und makellose Bilder“, fasst es die Kritik von Fangoria recht gut zusammen. Locke & Key kann ohne Umschweife als große Horror-Saga bezeichnet werden. Der Leser lernt die Locke-Familie kennen, die nach einem tragischen Vorfall in ein altes Anwesen (das Key-Haus) im Küstenstädtchen Lovecraft zieht. Ein Ort, dessen Name nicht zufällig eine Hommage an H.P. Lovecraft, einen der bekanntesten Horrorautoren darstellt. Die Protagonisten sind die drei Kinder der Lockes: Der älteste Sohn Tyler, der versucht das psychische Elend der Familie allein zu schultern, die zutiefst verängstigte und unsichere Tochter Kinsey und der kleine Bode, der noch zu jung zu sein scheint, um das ganze Unglück zu verstehen, dass seiner Familie zugestoßen ist.
Bode ist es allerdings, der schon bald bemerkt, dass das Keyhaus kein gewöhnliches Anwesen ist. Nachdem er an verschiedenen Orten Schlüssel findet, beginnt er zu begreifen, dass diese viel mehr öffnen können, als einfache Türen. Beispielsweise die Schädeldecke eines Menschen, um dort schlechte Erinnerungen zu entfernen. Oder aber gar einen Schlüssel um den Geist vom Körper eines Menschen zu trennen. Er ist einem Mysterium auf der Spur, dass bereits seit etlichen Jahren auftritt. Selbst sein Vater scheint darin verstrickt zu sein. Und warum kann eigentlich nur er die bleiche Frau im Brunnenhaus hinter dem Anwesen hören?
Warum noch keine Serie?
Es gab bereits 2 vergebliche Versuche Locke & Key als Serie umzusetzen. Sowohl 2011 bei FOX, als auch 2018 beim Streamingdienst Hulu ist man aber nicht über eine Pilotfolge hinaus gekommen. Wer sollte die Serie also ans Tageslicht bringen, wenn nicht der (derzeitige) Branchenprimus Netflix. Und genau so ist es. Im Juli 2018 wurde bekannt, dass Netflix direkt 10 Episoden in Auftrag gegeben hat. Joe Hill wird bei der Serienumsetzung an Bord sein. Wann die erste Staffel erscheint, ist derzeit aber noch nicht bekannt.
Was kostet mich das?
Falls ihr Lust auf Locke & Key bekommen habt, kann ich euch den Tipp geben, dass es sich nicht lohnen wird die Softcover-Bände zu kaufen. Von den 6 Bänden (je ca. 16,99€ / insgesamt ca. 105 €) sind zwei bereits ausverkauft und werden nicht mehr nach produziert. Anstatt euch also eine unvollständige Sammlung zuzulegen, könnt ihr gleich auf die 3 Hardcover-Mastereditionen umschwenken (je ca. 35€ / insgesamt 100€). Das klingt als Einstieg ohne Frage zunächst recht teuer. Die Qualität der Zeichnungen sowie die einzigartige Geschichte auf insgesamt 980 Seiten rechtfertigt das Ganze allerdings. Letztendlich darf natürlich jeder für sich selbst entscheiden, wie viel ihm sein Hobby wert ist. Ich selbst habe mehrere Wochen damit verbracht Locke & Key zu lesen, statt es am Stück zu verschlingen. Obwohl das ohne Frage möglich gewesen wäre. Ich bin selbst noch nicht beim Finale angekommen, freue mich aber jeden Abend aufs Neue darauf, in die Welt der Lockes einzutauchen.
Ist das Werbung?
Ja vermutlich schon, allerdings bekommt Marne dafür kein Geld.
Vor allem möchte ich euch aber davon überzeugen, euch Comics bei euren lokalen Comichändlern zu kaufen. Denn allein der Gesichtsausdruck der euch entgegenblicken wird, wenn ihr im Laden sagt, dass ihr noch keinen Comic gelesen habt und jetzt mit Locke & Key einsteigen möchtet, wird unbezahlbar sein.